Wandern in LK Sachen

    • Offizieller Beitrag

    Jäckle hat mich als kleinen haarigen Affen bezeichnet, weil ich folgenden Text nicht hier im Forum gepostet habe. Ich hab tatsächlich wenig Argumente gegen die Frage, weshalb ichs nicht getan habe, daher... hol ichs halt nach und kopiers her. ;)



    Anfang des Jahres entstand die Idee, mit den geschneiderten Landsknechts Sachen irgendwann Ende Mai wandern zu gehen. Nicht nur einen Tag, sondern gleich vier. Wenn schon wandern, dann sollten auch Berggipfel dabei sein, wozu lebt man denn in den Alpen. Noch dazu sollte trainiert werden, mit Stahl, der natürlich transportiert werden wollte.
    Der letzte Satz gibt schon einen wichtigen Hinweis: der Anlass für diesen Blog hat eigentlich nicht viel mit Larp zu tun. Ich habe zwar Klamotten und einige Ausrüstung verwendet die ursprünglich fürs Larp genäht bzw. angeschafft wurden, aber im Grunde gingen drei Menschen auf Wanderschaft, die sich über ein anderes Hobby, dem historischen Fechten, kennen gelernt hatten. Da ich aber einige Dinge herausgefunden habe, die ich generelll als teilenswert empfand, beschloss ich diesen Blog zu schreiben. Vielleicht kann sich der ein oder andere etwas daraus mitnehmen, ich sags aber gleich: es wird sehr stark auf Landsknechtsdarstellungen fixiert sein. ;)



    Am Moschkogel, auf 1915m.


    Als erstes will ich die Rahmenbedingungen festhalten: 60km Strecke, um die 3000hm aufwärts und etwas weniger abwärts zu gehen, 2h Training am 2. und 3. Tag, 3 Übernachtungen in Almhütten, Nahrungsversorgung morgens und abends in eben jenen Hütten, der Proviant für tagsüber musste getragen werden.
    Die Entscheidung, in Hütten zu schlafen und essen, erleichterte das Gepäck empfindlich. Mein Zeug (inklusive der Waffen) wog um die 12kg. Sollte sich auszahlen, da einen jeder elende Höhenmeter schmerzlich ans Gewicht erinnern lässt. Erster und wichtigster Hinweis: Karten sind flach, Berge nicht. ;)
    Eine weitere sehr wichtige Entscheidung war es, nur zwei Hellebarden mitzunehmen. Der Dritte hatte einen viel leichteren Stecken bei sich, ca. alle halbe Stunde wurde durchgetauscht. So fiel das Gewicht der ca. 3kg schweren Hellebarden nicht gar so schlimm ins Gewicht.


    Hier meine Sachen ausgebreitet:


    Am Mann sah es wie folgt aus:



    Was ist was:


    1.) Schulterpolster. Um Gewicht zu sparen, haben die Schulterpolster noch eine zweite Funktion: es sind Beinlinge. Dazu gedacht um entweder als Überbeinlinge der Kälte zu trotzen oder abends mal auf die Hose verzichten zu können. Da die Temperaturen nur bis ca. 4° fielen, kamen sie nur abends zum Einsatz.
    2.) Schal. So ein Landsknechtwams mit weitem Halsausschnitt ist unglaublich bescheiden wenn Wind aufzieht. Auf Bergkämmen weht aber meistens starker Wind. Daher: Streifen Wolle als Schal dabeihaben. Griffbereit.
    3.) Brotbeutel mit Dingen, die man leicht und schnell erreichen will. Darin waren: Karten, Handschuhe, Messer/Pfriem (übrigens: der Pfriem aus den üblichen Sets eignet sich perfekt um das Messer zu schärfen), Geld, Handy, Kohlenhydrate (Banane, Schokolade, Powergel.. sowas in der Art).
    4.) Knöchelriemen. Knieriemen, klar, kennt man. Wozu bittesehr einen Knöchelriemen? Ist eine sehr spezielle Geschichte. Wer dieses eine Bild von Urs Graf cool fand und sich dachte, die Hose bis runter zu den Knöcheln zu schlitzen ist eine super Idee... der braucht das. Durch die Schlitze im Unterschenkel können Steinchen in die Hose gelangen, was ca. 100mal nerviger ist als Steinchen im Schuh. Daher: Knöchelriemen. Oder gar nicht so tief runter schlitzen.
    5.) Snapsack/Haversack. Praktisches Ding, eigentlich nur ein Schlauch, dessen Enden abgeschnürt werden. Genäht aus Leinen (innen) und Mantelwolle (aussen, damits einigermaßen wasserdicht wird). Hier drin transportierte ich all das, was nicht nass werden sollte: Ersatzhemd, zweite Bruche, Socken, Zahnbürste+Co., Ersatzschuhe (in meinem Fall moderne Barfusslaufschuhe, weil die sehr leicht sind), und vor allen Dingen: Speck, Käse und Brettchen zum Aufschneiden.
    6.) Eingerollter Rock und Umhang. Der Rock diente mir abends in Kombination mit den Beinlingen als Ersatz für Wams und Hose (so konnten diese gelüftet werden) und war auch dazu gedacht, großer Kälte zu trotzen. Für nervige Kälte, aka Wind, sollte der Umhang, der ca. bis zur Taille reicht, reichen. Das tat er auch. :)
    In den Rock eingewickelt war eine Fechtfeder und zwei Holzdolche. Außen hingen noch 2m Seil dran, weil man Seil immer braucht. Immer. ;)



    Was hat funktioniert:


    Dieser Snapsnack Schnitt ist großartig, die Möglichkeit von beiden Enden zugreifen zu können ist Gold wert. So kann sehr effektiv gepackt werden.
    Für mich hat es sich bewährt, die beiden bepackten Seiten bis maximal auf Höhe des Beckens hängen zu lassen. So wurden die Nieren stets gewärmt, was in der Höhe zu einem großen Vorteil wurde.
    Entscheidend ist es, beide Schultern ungefähr gleich zu belasten. Gelingt das beim Packen nicht, öfters Pausen einlegen und das Gepäck umsortieren um allzu einseitige Belastungen zu verhindern.



    Was hat nicht so recht funktioniert bzw. wo könnten Probleme auftauchen:


    Eher bescheiden war die Entscheidung die Riemen von Snapsack und dem eingerolltem Mantel nur in einem sehr kurzen Bereich mit Leder zu unterlegen. Die Riemen müssen unbedingt von der Schulter bis über das Schlüsselbein breit aufgespannt bleiben! Ich hatte mich für eine Breite von ca. 5cm entschieden, dies war nicht schlecht, allerdings musste ich noch während des ersten Tages weitere Lederstücke aufnähen da das anfangs angebrachte Leder wie erwähnt zu kurz war. Besser ist es auf jeden Fall, den gesamten Riemen mit Leder zu unterlegen.
    Hemden mit gesmoktem Kragen haben ein Problem: der elendige Smok verrutscht und reibt gern. Meine Hemden waren durch ausreichendes Tragen weich genug, wer aber mit frisch genähten Hemden sowas machen will, sollte sich für den Fall der Fälle ein Ersatzhemd ohne Smokkragen mitnehmen.
    Wie man am oberen Bild sieht, habe ich mich sehr "breit" bepackt. Die Fechtfeder verlief fast waagrecht, was mir in engen Passagen große Probleme gemacht hat. Speziell manche Durchgänge in Zäunen (sowas) sorgten für unfreiwillig komische Szenen...
    Was sollte man wissen:
    Ledersohlen sind rutschig. Kuhmäuler mit doppelt dicken Sohlen sind Biester. Man spürt den Untergrund schlechter als mit dünnen Ledersohlen und rutscht demnach leichter und mehr. Das kostet sehr viel Kraft und beschert einem Muskelkater an sehr kuriosen Stellen (Wade, direkt über der Achillessehne). Wenn es irgendwie die Möglichkeit gibt, geht nicht auf hartem Untergrund, sondern irgendwo daneben. Seid bei trockenem Nadelwaldboden (trockene Nadeln! Die sind in Steigungen wie Eis!) besonders vorsichtig und steigt nicht auf Wurzeln rum. Lustiges Detail am Rande: Steine und Schnee sind überhaupt kein Problem.
    Auf jeden Fall aber sollte man vorher das Barfusslaufen üben und ausgiebig testen, sonst können Probleme mit Versen und Knien auftauchen (beides erlebt).
    Dauerhafte Feuchtigkeit ist die Hölle für die Schuhe. Wenn sie nie trocken werden, werden sie irgendwann scheuern. Papier oder ähnlich Saugfähiges zum Ausstopfen abends mitnehmen!


  • Toller Beitrag!


    Eine Frage hätte ich jedoch:

    Zitat von "Hubert"

    Das Kunststück ist ja "nur" zu wissen, wie der Schamlatz sitzen muss.


    Was ist denn dieser Kunstgriff?


    Meine Brüder und ich nähen selbst gerade an Hosen nach diesem Schnitt.
    Bei unserem ersten Testschnitt haben wir gemerkt, dass es hilfreich ist erst die Hosenbeine abzustecken und an der Mittelnaht zu vernähen.
    Und danach den Schamlatz einpassen. Weil man ja dann die breite beim in die Hocke gehen abmessen kann.


    Über nen hilfreichen Tipp wäre ich dankbar!


    Gruß,


    Dominic

    • Offizieller Beitrag

    Das habt ihr schon mal sehr richtig gemacht, der Ausschnitt für den Fuß unten liegt nämlich nicht genau mittig. Gut!


    Der Schmäh beim Schamlatz ist, dass die 2 Nähte des Keils so weit oben liegen müssen wie nur irgend möglich. Der Keil selbst bildet dann einen Sack für den Damm und das Gehänge. Theoretisch sollte man einen Spagat damit schaffen. ;)

  • Sehr eindrucksvolle und wunderbare Bilder! Hut Ab!


    Ich bin auch schon mal "gewandet" (allerdings Ende des 12. Jhdts.) am Alpstein gewandert... aber nur als Tagestour.


    Was sollte man wissen:
    Ledersohlen sind rutschig. Kuhmäuler mit doppelt dicken Sohlen sind Biester. Man spürt den Untergrund schlechter als mit dünnen Ledersohlen und rutscht demnach leichter und mehr. Das kostet sehr viel Kraft und beschert einem Muskelkater an sehr kuriosen Stellen (Wade, direkt über der Achillessehne). Wenn es irgendwie die Möglichkeit gibt, geht nicht auf hartem Untergrund, sondern irgendwo daneben.


    Dabei hatte ich auch mit dem von dir beschriebenen Problemen zu kämpfen... Man muss da echt mega aufpassen, dass man an kritischen Stellen nicht wegrutscht und abstützt... gerade mit allerhand "Gepäck"... Eine Erfahrung (die sicherlich wiederholt wird) war es aber in jedem Fall!


    • Offizieller Beitrag

    2015 gings ins Vinschgau, genauer auf den Obervinschger Höhenweg. Die Tour war schon in der Planung schwieriger als die vorjährige, Regen und Krankheit haben sie extremer gemacht als gedacht. Die Erkenntnisse der heurigen Wanderung:


    - Eine sich entfaltende Magen-Darm-Infektion in der zweiten Nacht ist das sichere Ende des Unterfangens.
    - Ein Kampfrock ist im Dauerregen absolut super. Am Oberkörper liegt alles eng an, nix klappert rum, Knie bleiben trocken (das war das nervigste Problem der beiden Umhangträger).
    - Strohhut als Kern für das Barrett hat sich mehr als bewährt. Hält den Regen sicher ab und behält seine Form, bleibt aber auch auf Dauer noch leicht und trocknet schnell.
    - Kuhmäuler funktionieren nach 4h Regen nicht mehr so wirklich, sprich: Gripniveau geht gegen 0.
    - Abstiege durch den Wald sind mit nicht mehr funktionierenden Kuhmäulern die Hölle. Stock/Hellebarde wird zum Muss. Btw.: sieht man auch so im Theuerdank...
    - Angesetzte Fußteile an der Hose wie in der Lapping Rotte Anleitung sind übel bei Regen, die Naht über den Rist ist ein fieser Schwachpunkt. Ich dachte mir schon immer, dass das der Grund für die komplexeren Fußteilkonstruktionen sein könnte, jetzt bin ich mir sicher dass es so ist.
    - Die von mir verwendete Wolle für die Hosen wärmt trotzdem, tatsächlich hatte ich nach 24km im Regen/Nebel/abundzuNieselregen keine Probleme mit den Füßen.´
    - Hatte ich schon die Magen-Darm-Infektion erwähnt?


    Ansonsten funktioniert das Zeug ganz gut. Die Eckdaten dieses Mal: 39km Wegstrecke, 2100hm aufwärts, 1200hm abwärts, in 2 Tagen. Gehzeit insgesamt um die 16h. Am ersten Tag war es sogar sehr schön, da hats auch für ein Foto mit Bergen gereicht: (diesmal richtige Berge, der Grat ganz rechts im Hintergrund geht auf 3200 rauf)


    • Offizieller Beitrag

    Ja, es geht darum, dass der Fuß in der Lapping Rotte Anleitung mehr oder minder so konstruiert wird, dass an eine Hose mit Steg ein "Deckel" für den restlichen Fuß sowie eine Sohle angesetzt wird. Damit hat man genau über dem Spann (ich schrieb vorhin fälschlicherweise Rist...) eine Naht. Verwendet man hier nun keine Kappnaht, hat man eine potentielle Schwachstelle an der Wasser leichter eindringen kann. Eine doppelte Kappnaht würde Abhilfe schaffen, dann hat man aber an einem recht heiklen Punkt eine dicke Naht. Ob das an dieser Stelle auf Dauer gut geht, weiß ich nicht, müsste man testen.


    Schaut man aber wieder mal auf die Alpirsbacher Hose: http://www.insulaedraconis.org…e/AOP_new/HosePattern.jpg, sieht man eine ganz andere Konstruktion des Fußes. Im Prinzip ist die Hose zu lang, am Knöchel werden bis fast zum Spann links und rechts Schnitte gemacht und Dreiecke eingesetzt. Das ist wesentlich kniffliger umzusetzen (und erfordert mEn dringend einen Helfer), dafür hat man an der Oberseite des Fußes keine Naht.
    Im MTA ist übrigens eine Anleitung zu solchen Fußteilen enthalten. :)