Erste Klamotte für meinen Landsknecht

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    Als einer, der ab und an nach Birka crossovert, kann ich bestätigen:



    Querinfo ist klar. Die Masse machts. Kenn ich ja von meinen anderen Projekten.
    Aber eines ist mal klar. Trotz Monatelanger Stickereien usw ist die Landsknechtskleidung wesentlich anspruchsvoller herzustellen als das ganze FrüMi Zeug.
    (...)


    Je nachdem wieviel Wert du auf historische Nähe legst... grundlegend kann es Sinn machen, wenn du dir die Proportionen mal verinnerlichst: Wo genau sitzt auf den Grundlagen der Gürtel - und wo genau ist der Wechsel zwischen Wams und Hose? Wo genau sitzt es eng, wo wird es schlabberig? ;)

  • Bei den hunderten von Photos die ich mir die letzten Tage angeschaut habe fällt eines auf, die Passform ist entscheident. Wenn das Kleidungsstück perfekte Masse hat schauts eigentlich immer gut aus. Wenn nicht fällts sofort unschön auf. Egal ob das Teil nun aufwändig gemacht ist oder ganz einfach. Zu klein oder zu groß ist sch...e.
    Das wird ne echt schwierige Neulandnummer für mich, meine Nähmaschiene und gaaaanz bestimmt auch meine Nerven ::)


    Meine Frau scheint nun auch gefallen an dem Projekt zu finden. Das bedeutet ich darf für sie auch noch nähen. :jaeckle:

    • Offizieller Beitrag

    Der Frank ist Mitveranstalter der Hamburger Tactica.


    Ad Johann und Brustfleck: Ich hab ja selbst ein sehr ähnliches Wams und ich kann dir sagen, dass keine versteckten Befestigungsmöglichkeiten für den Brustlatz benötigt werden. Wenn man das Ding vorne an der Hose und oben an den Seiten (wo eh die Nesteln sichtbar sind) mit annestelt hält es fürs Fotoshooting genau so wie am Foto.
    Beweisbild A: http://www.landsknechtlager.in…ic=578.0;attach=390;image


    Aber... wenn man sich ab und zu mal bewegen möchte, rutscht der Latz raus. Meine Lösung lautet mittlerweile schlicht hübsche Nadeln mit Zinneicheln dran, je eine pro Seite und der Latz bleibt wo er ist.
    Außerdem befestige ich den Latz mittlerweile nicht mehr nur mit der mittleren Hosennestel, sondern auch mit den Nesteln daneben, so wird das Ding also an 5 Punkten mit Nesteln und 2 mit Nadeln befestigt.


    Ich mach später noch ein paar Detailfotos von den entsprechenden Stellen, dann sieht man wie ich das gelöst habe.

    • Offizieller Beitrag

    Hier nun die versprochenen Detailfotos:



    Zuerst eine Übersicht.



    Hängt grad ein bisschen derangiert rum, aber es wird reichen für die Details. Hoffentlich. :D
    Alle weiteren Bilder sind anklickbar für eine größere Ansicht.



    a.) Obere Befestigung des Brustlatzes



    Unspektakulärer Beginn, einfach eine Nestel pro Seite. Wenn man den Brustlatz komplett entfernen will (wegen Hitze z.B.) kann man durch die oberen Nestellöcher eine lange Nestel durchziehen. Das ist besonders bei schweren Ärmeln interessant, weil die sonst gerne an den Schultern runter rutschen.
    Erwähnenswert ist vielleicht noch die An- und Ausziehprozedur: ich mach immer nur eine der oberen Nesteln auf, die zweite bleibt beim Aus- und Anziehen stets zu.



    b.) Seitliche Befestigung des Latzes



    Wie schon erwähnt, rutscht der Brustlatz bei Bewegung gerne an der Seite raus. Man kann das vermutlich auch lösen indem man den Latz noch viel breiter und dem Armloch folgend zuschneidet, ich habs schlicht durch Messingnadeln gelöst. Achtung: moderne Stecknadeln sind sehr steif, die verbiegen und verklemmen sich im Gegensatz zu den Messingnadeln nicht und gehen leicht verloren.



    c.) Untere seitliche Befestigung des Latzes



    Mein Brustlatz ist genauso lang wie das Wams und verlor bei meinen ersten Versuchen gerne mal die Spannung am unteren Rand. Also hab ich den Latz an zwei weiteren Punkten mit Nestellöchern versehen und fädel die vorderen seitlichen Nesteln durch. Hier ist vielleicht noch interessant zu erwähnen, dass ich Wams/Hose mit insgesamt 7 Nesteln verbinde, die Arschnestel hab ich mir geschenkt.
    An- und Ausziehen: auch hier wird wieder nur eine Seite aufgemacht, die andere bleibt immer zu.
    Diese vorderen seitlichen Nesteln machen mMn oft den Unterschied zwischen geschniegelten und schlampigen Landsknechten aus. Lässt man die nämlich weg, pludert das Hemd gern raus und man schaut generell abgeranzter aus (was durchaus gewünscht sein kann). Beispiel für wenige Nesteln vorn: https://lh3.googleusercontent.…c42/20140801-P8010494.jpg



    d.) Untere mittige Befestigung



    Genau gleich wie schon bei den seitlichen Nesteln, aber das hier ist die entscheidende Nestel schlechthin. Wenn die offen ist, schaut man immer aus wie ein Gammler, egal wie schnieke der Rest ist. :D
    Was mir grad erst beim Schreiben auffällt: die Nestel ist falsch eingefädelt, die vom Betrachter aus linke Nestelspitze sollte nicht von aussen nach innen durch das aussenliegende Nestelloch. Fragt mich nicht, warum ich das beim Fotografieren falsch eingefädelt habe, ich hab keine Ahnung.


    Ich hab das Ganze auch nochmal mit nach aussen gedrehtem Futter des Wamses fotografiert:



    Man sieht mehrere Dinge:
    1.) Haken und Ösen. Wenn das Wams eine Taille formen soll, ist eine einzige Nestel vorne mMn zuwenig. Haken und Ösen halten viel mehr aus und erleichtern das Anziehen enorm.
    2.) Ich hab die Wamsteile erst hinterlegt (mit grüner Seide) und danach erst gefüttert (mit dieser merkwürdig goldfarbenen Seide). Die Hinterlegung macht es stabiler, was bei einem Wams, das um die 8cm enger ist als man selbst, gar nicht mal so unwichtig ist. :D
    3.) Das Futter leidet unter der Spannung, man sieht an den Linien wie es sich auszieht.
    4.) Die verwendeten Haken und Ösen sind hässlich. Weiß ich, hatte keine hübschen mehr.



    e.) Hosenstall



    Die Hose selbst wird mit Haken und Ösen geschlossen, immer abwechselnd ausgerichtet. Dazu hab ich dahinter einen Untertritt aufgenäht, damit das Hemd/Bruche nicht weiß durchblitzt.


    Detail von der offenen Hose:



    Man sieht deutlich den Untertritt. Ja, ist ein anderer Stoff in einem anderen Rotton. Hat keinen besonderen Grund. ;)



    Man sieht meine Hand in der Schärfeebene und den eigentlich interessanten Teil außerhalb davon. Ich hoffe, man erkennt dennoch ganz gut, dass die oberste Haken/Ösen Paarung oberhalb der Nestellöcher liegt. Wenn es an dieser Stelle liegt, muß die Nestel nicht mehr geschlossen werden um die Hose tragen zu können.
    Ad An- und Ausziehen: wie gehabt, nur eine Seite öffnen und die Nestel durchziehen.



    f.) Schamkapsel



    Eine Nestel reicht, die Flügelchen kann man mit Haken und Ösen schließen. Sehr genau gearbeitete Schamlätze/kapseln benötigen überhaupt keine Flügelchen mehr, das ist dann das für manche Abbildungen zu erreichende Ideal. :)
    Meine Schamkapsel ist übrigens ein Fake. Es ist ein einfacher Schamlatz mit nachträglich aufgesetzter Kapsel. In der Lapping Rotte Anleitung wird das anders gemacht, nämlich näher an der erhaltenen Alpirsbacher Hose.

  • Natürlich gehen Webstoffe und bestickte Sachen klar, aber per Leitfaden sind sie immer noch gelb. Unverständlicher Weise :D


    Hubert, ein sehr toller Einblick, den du da gibst! :)